"Vier Kämpfe gibt es, ihr Mönche. Welche vier? Den Kampf zur Vermeidung, den Kampf zur Überwindung, den Kampf zur Entfaltung, den Kampf zur Erhaltung."

Anguttara Nikaya (Vierer-Buch)

Die vier Großen Kämpfe (samma padhana), die auch kurz gesagt, als "Rechtes Mühen" bezeichnet werden, lauten:

  1. Da weckt der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene unheilsame Gedanken nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, er entwickelt Tatkraft, er erzieht das Herz, er kämpft.
  2. Er weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Gedanken vertreibe. Er müht sich darum, er entwickelt Tatkraft, er erzieht das Herz, er kämpft.
  3. Er weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene gute, heilsame Gedanken aufsteigen lasse. Er müht sich darum, er entwickelt Tatkraft, er erzieht das Herz, er kämpft.
  4. Er weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Gedanken sich festigen, nicht lockern, weiter entwickeln, entfalten lasse, er müht sich darum, er entwickelt Tatkraft, er erzieht das Herz, er kämpft.

Hierzu ist das Wissen um Heilsames und Unheilsames Voraussetzung sowie das Wissen um die Grundlagen der Meditation. Die erwägende Meditation hat hier schon stattgefunden. Diese einfachste Meditationsweise, die jeder Mensch jeden Tag fast jeden Augenblick pflegt. Es ist das Abwägen und Vergleichen zwischen mehreren Möglichkeiten im Interesse der Ziele des Menschen wie überhaupt im Interesse dessen, was der Mensch für sein Wohl hält.

In der sinnenden Meditation, die geübt wird nach Abschluss der Erwägung, nachdem also die Erwägung zur Klärung geführt hat über das, was angestrebt werden soll, geht es darum, den betreffenden Gegenstand immer wieder in jeder positiven oder negativen Beurteilung zu bedenken.

Die abstrakt und formal klingenden Definitionen der vier Kämpfe wird zunächst wie folgt erklärt: Der erste Kampf heißt der zur Abwehr und wird als Sinnenzügelung beschrieben, damit weiteres Aufsteigen von Unheilsamen aus den Tiefen des Herzens vermieden wird. Der zweite Kampf heißt der zur Vertilgung und wird als das Ausrotten unheilsamer Erwägungen beschrieben, die bereits aufgestiegen sind. Der dritte Kampf heißt der zur Entfaltung, nämlich der sieben Erweckungsglieder, der Erwachungsglieder (siehe dortiges Kapitel). Der vierte Kampf heißt der zur Erhaltung, nämlich der meditativen Verfassung, die mit den Erweckungen erworben wurde.

Diese vier Kämpfe werden mit den vier indischen Armeeteilen verglichen, mit dem vierfachen Heerbann (Kampfelefanten, Reiterei, Wagen und Infanterie), und zwar wie folgt:

Der Abwehrkampf verteidigt die gewonnene Läuterung gegen die Räuber der Sinne - so wie die Elefanten einen Wall bilden, an dem die Angriffe abprallen.

Der Verteidigungskampf geht zum Gegenangriff, zur Offensive über, wie die Kavallerie, die dem Feind nachjagt.

Der Entfaltungskampf bringt mittels der Wagen den Nachschub an Waffen, Proviant und Verstärkung.

Der Erhaltungskampf gleicht der siegreichen Infanterie, die das eroberte Gebiet besetzt hält.

Der erste Kampf, unaufgestiegene unheilsame Dinge nicht aufsteigen zu lassen, ist der allerwichtigste der vier Kämpfe, die unverzichtbare Eingangsstufe. An Bedeutung dürfte sie 70% des rechten Mühens ausmachen. Es ist die größte Hürde - ist sie erst einmal bezwungen, geht alles viel leichter. Hier werden mehrere Übungen genannt.

Das Hüten der sechs Sinnentore ist der ununterbrochene Kampf der Abwehr und das Vorgehen der Zähmung. Wir müssen wissen, dass wir ständig den Angriffen der verlockenden Wahnbilder der Welt ausgesetzt sind, die uns überfluten. Diese Daueroffensive der Sinnesobjekte gilt es zu bremsen, zu stoppen, zum Stehen zu bringen, eben abzuwehren. Der Buddha vergleicht die Sinne mit wilden Tieren, die gezähmt werden müssen. Das geht nur, wenn sie besseres Futter erhalten als bisher. Daher kann die Sinnenzügelung nur üben, wer etwas zu verteidigen hat, nämlich sein Tugendwohl und seine Wahrheitswonne. Dann ist es notwendig, dies gegen Räuber von außen zu schützen. Für den gewöhnlichen, ungebändigten, natürlichen Menschen, der im ständigen Austausch mit dem Außen lebt und webt, ist die Sinnenzügelung völlig unnatürlich, ist eine widernatürliche Zucht; für den religiös Fortgeschrittenen ist sie das Mittel, um ein Paradies des inneren Wohls zu erhalten und zu bewahren. Für den normalen Laien bedeutet Sinnenzügelung eine Sicherung der Tugend: Er meidet lüsterne und scheele Blicke auf das, was anderen gehört und was Habsucht, Missgunst und Neid mehren könnte, eben alles, was zur Untugend verleiten könnte. Ferner ist Maßhalten beim Essen zu beachten. Dies ist für den Laien ein Gebot der Vernunft, weder zu viel noch zu wenig zu essen. Auch nichts Unbekömmliches essen, was man nicht verträgt, obwohl es gut schmeckt. Es werden noch drei weitere Übungen genannt: Pflegen, Dulden, Meiden. Zu "pflegen" sind außer dem Essen noch drei weitere Grundbedürfnisse des Menschen: Gewand, Wohnung und Arznei. Es gibt Unterschiede zwischen vollgestopften Kühlschränken, Kleiderschränken etc. und einer schlichten Lebensweise. Das Dulden richtet sich besonders gegen den Hass, die Abwehrhaltung der Abneigung. Was man an Wehe nicht pflegend beseitigen kann, mass man erdulden oder meiden. Untrennbar mit dem Menschenleben ist: Temperatur, Wetter, Hunger/Durst, Insekten, boshafte Redeweisen und vor allem Körperschmerzen. Wer ständig über das Wetter klagt, über Wespen, Blattläuse und Mäuse, über Mängel des Essens, wie könnte der Beleidigungen, Verleumdungen oder gehässige Worte ertragen oder gar Schmerzen? Sich nicht auflehnen, wenn die Sechsinnenmaschine Leiden produziert, auch das ist Sinnenzügelung. Das Meiden heißt, Gefahren vorsichtig einschätzen. Wer in Selbstüberschätzung oder leichtfertig meint, ihm schade nichts, erleidet Schiffbruch. Wer sich zur Meditation an einen Sumpf setzt, wird von Mücken zerstochen, oder er erschlägt sie, oder er versinkt - oder er meidet eben.

Der zweite Kampf betrifft aufgestiegene Erwägungen der Begierde, der Aversion, der Gewalt. Das sind besonders die Gedanken, die den Körper betreffen, die sich an den Sinnestoren abspielen und immer wieder Ich sagen. Hier werden nicht die Triebe als solche bekämpft, sondern die Ursachen. Der erste Kampf ist eher passiv, der zweite aktiv. Da alle Triebe aus bewertenden Gedanken entstanden sind, sind sie auch nur auf dieser Wert-Ebene der Gedanken zu bekämpfen. Hier redet man mit den Trieben in ihrer Sprache, um ihnen den Wert zu entziehen. Wäre die Sinnenzügelung hundertprozentig erfolgreich gewesen, würde an den sechs Sinnestoren, besonders beim Geist, nichts mehr durchschlüpfen, dann würde innerhalb kürzester Zeit der gesamte Haushalt der Sinnlichkeitstriebe mangels Ergreifen ausgerottet sein. Aber dazu hatten die wenigsten Mönche schon zu Zeiten des Erwachten die Kraft.

Die Psychologie des Erwachten gibt fünf Weisen an, wie man unheilsame Erwägungen auf der Ebene des zweiten Kampfes besiegen kann: 1. Mit Hilfe einer emporziehenden, würdigen, heilsamen Vorstellung überhöht man die niedere, so wie man mit einem feinen Keil einen groben Keil aus dem Holz heraustreibt. 2. Gelingt das erste Mittel nicht oder reicht es nicht aus, so betrachtet man das Elend der trübenden Erwägungen, die nichts als Leiden ausbrüten, Triebe mehren, Unbefriedigung erzeugen. 3. Reicht auch das nicht aus, so soll man die Beachtung des ganzen Komplexes einstellen und irgend etwas Neutrales bedenken, sich eben ablenken, z.B. spazieren gehen. 4. Gelingt auch das nicht, so soll man die Vorstellung auseinandernehmen und der Reihe nach eingehen lassen. 5. Wenn alles nicht hilft, dann soll man alle Kraft zusammennehmen und mit der Gewalt der Gedanken das Unheilsame niederzwingen, so wie ein starker Mann den schwächeren niederdrückt. Meist fällt einem diese schlechteste der guten Methoden als erste ein, ohne dass man die anderen versucht hat - und dann wirkt es nicht, so dass die Psychologie recht hat, wenn sie sagt: "Verdrängen führt zu nichts".

Der dritte Kampf wird allein und ausnahmslos als die sieben Erwachungsglieder oder Erleuchtungsglieder (Kapitel Erweckungen) beschrieben.

Kurz aufgezählt sind dies:

1. Achtsamkeit

2. Unterscheidung der Dinge

3. Tatkraft

4. Jubel

5. Besänftigung

6. Einigung

7. Gleichmut

Je mehr der Übende die rechte Achtsamkeit als Schwerpunkt schon erreicht hat und dort nur wohnt und sich dort umsieht, desto leichter geht der dritte Kampf, fast zwanglos, und mündet in die rechte Einigung ein, wo dann alle sieben Erweckungen allmählich möglich werden.

Unaufgestiegenes Heilsames aufsteigen lassen (dritter Kampf) beginnt aber auch parallel mit den beiden ersten Kämpfen, ja schon manchmal parallel zur Tugend.

Der vierte Kampf, aufgestiegene heilsame Dinge erhalten, heißt, den Willen zu wecken, dass diese sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, entfalten, erfüllen. Das bedeutet: Das aufgestiegene Gute wird nicht unwissend und sorglos behindert oder durch unsachgemäße Behandlung wieder eingehen gelassen, sondern man beseitigt bewusst die Hindernisse, die es verkümmern und versiegen lassen würden, indem man es sachgemäß ernährt. Wo immer sich gute Dinge auf dem Achtpfad zeigen, wo ich mit Recht guter Dinge bin, wo es mich hell anmutet beim Lesen, bei einem Vortrag, bei der Kontemplation - da lasse ich das Gute nicht nur so eben durch den Geist huschen, kaum bemerkt und im Wert kaum gewürdigt, sondern ich halte es fest: "Da sind sie ja, die ersehnten und geliebten hellen Gedanken! Willkommen, bleibt nur hier, lauft nicht gleich wieder davon."

So begrüßt man das Gute und hält es so lange wie möglich wach, anstatt den Impuls, wie es gewöhnlich geschieht, gleich wieder ins Unterbewusstsein sinken zu lassen. Das ist die Entwicklungshilfe des "heiligen" Geistes für die noch im Guten relativ ungefestigte Psyche. Man bewahrt die innere Abgelöstheit und Unabhängigkeit und verteidigt sie gegen alle Lockungen des "Blendens der Erscheinung".