"Wenn einer sich nach Fülle und nach dem Erhab´nen, Hohen sehnt,

so raten ihm die Weisen stets Ernsthaftigkeit bei gutem Tun."

(Samyutta Nikaya 3,17)

In verschiedenen Lehrreden sagt der Buddha über Ernsthaftigkeit (appamada): Gleichwie etwa die Fußspuren aller Wesen in der Elefantenspur einbegriffen sind, ebenso auch ist Ernsthaftigkeit eine Eigenschaft, die, entfaltet und häufig geübt, beiderseits Wohl bringt, gegenwärtiges und künftiges.

Wenn der im Haus lebende Mensch an die Lehre des Buddha kommt, wird er manchmal von der Lehre im Geist stark gepackt und es leuchtet ihm vieles ein. Darüber wird vergessen, dass auch mit den tiefsten Einsichten des Geistes die Triebwuchten des Herzens noch lange nicht geändert sind. Man durchschaut z.B. das Elend der Sinnendinge und der Segen des Loslassen leuchtet ein. Besonders westliche Menschen neigen dann leicht zu unreifer Radikalität. Aber es ist nichts damit erreicht, ein "mönchisches Leben" anzustreben oder durch "intensive Meditationstechniken"  auf die schnelle Art Erleuchtung zu erlangen.

Die Gangart für die im Haus lebenden Nachfolger des Buddha ist verschieden von der in der Hauslosigkeit lebenden Nachfolger. Im Haus kann man den strukturellen Widerspruch zwischen Geist und Herz nicht dadurch auflösen, dass man ihn ignoriert und aufgrund einer rein intellektuellen Vorstellung von logischer Konsequenz so tut, als müsse man ab sofort schon so sein und handeln, wie man sein und handeln soll und möchte. Es kommt auf die möglichst baldige und gründliche Heilung an, nicht auf die unmögliche sofortige.

Den erste Schritt zum wichtigen inneren Frieden erklärt der Buddha dem Hausvater Anathapindiko so (Anguttara Nikaya V,43):

Zu dem seitwärts sitzenden Hausvater Anathapindiko sprach der Erhabene: "Folgende fünf ersehnten, begehrten, angenehmen Dinge sind in der Welt schwer zu erlangen. Welche fünf? Lebenskraft, Schönheit, Wohlbefinden, Ansehen, himmlisches Dasein.  -

Diese fünf ersehnten, begehrten, angenehmen Dinge sind nicht durch Bitten und Beten oder Wunschdenken zu erlagen, sage ich, Hausvater. Wenn diese fünf ersehnten, begehrten, angenehmen Dinge, die in der Welt schwer zu erlangen sind, durch Bitten und Beten oder durch Wunschdenken zu erlangen wären, - wer würde sie sich da entgehen lassen?

Für einen Heilsgänger, der sich Lebenskraft, Schönheit, Wohlbefinden, Ansehen, himmlisches Dasein wünscht, ist es wahrlich nicht angebracht, darum zu bitten und zu beten oder sein ganzes Glück darauf zu setzen. Wenn sich ein Heilsgänger Lebenskraft, Schönheit, Wohlbefinden, Ansehen, himmlisches Dasein wünscht, dann muss er den Weg gehen, der dazu führt. So wird er zu einem, dessen Art es ist zu erlangen.

Wer sich nach langem Leben und nach Schönheit, Anerkennung sehnt, nach Himmelsdasein, hohem Stand, dass edles Glück auch weiter folgt:

Ernsthaftigkeit beim guten Tun, die raten ihm die Weisen an. Wer unermüdlich ernsthaft bleibt, erringt sich Segen beiderseits: mit klarem Blick den Segen hier und Segen in der nächsten Welt. Selbstgängig, dringt er durch und wird ein Weiser künftighin genannt."

Was bedeutet nun diese Ernsthaftigkeit genau?

Das erklärt der Buddha in einer anderen Lehrrede (Anguttara Nikaya IV,61):

Zu dem seitwärts sitzenden Hausvater Anathapindiko sprach der Erhabene: "Vier erwünschte, begehrte, angenehmen Dinge sind in der Welt schwer zu erreichen, welche vier?

Wenn ich doch nur auf anständige Weise zu Besitz kommen könnte. Das ist das erste erwünschte, begehrte Ding, das in der Welt schwer zu erlangen ist.

Wenn man dann auf anständige Weise zu Besitz gekommen ist, denkt man: Wenn ich doch nur bei meinen Verwandten und Bekannten anerkannt würde! Das ist das zweite erwünschte, begehrte Ding, das in der Welt schwer zu erlangen ist.

Wenn man dann auf anständige Weise zu Besitz gekommen und bei seinen Verwandten und Bekannten anerkannt ist, dann denkt man: Wenn ich doch nur lange leben und bei Kräften bleiben könnte! Das ist das dritte erwünschte, begehrte Ding, das in der Welt schwer zu erlangen ist.

Wenn man dann auf anständige Weise zu Besitz gekommen ist, bei seinen Verwandten und Bekannten anerkannt ist, lange lebt und bei Kräften bleibt, dann denkt man: Wenn ich doch nur nach dem Absterben des Körpers, jenseits des Todes, auf gute Fährte gelange, in himmlische Welt. Das ist das vierte erwünschte, begehrte Ding, das in der Welt schwer zu erlangen ist.

Zum Erlangen dieser vier erwünschten, begehrten, angenehmen Dinge, die in der Welt schwer zu erlangen sind, führen vier Eigenschaften. Welche vier?

Bewährung in

  • Vertrauen
  • Tugend
  • Loslassen
  • Klarwissen

Was ist Bewährung in Vertrauen?

Da ist ein Heilsgänger voll Heilsvertrauen. Er baut auf die Wachheit des Vollendeten: "Das ist wahrhaftig der Erhabene, geheilte, vollkommen Erwachte, vollendet in Wissen und Wandel, zum Heil gekommen, der Welt Kenner, der höchste Lenker der anzuleitenden Menschen, der Meister der Götter und Menschen, erwacht, erhaben. Das nennt man Bewährung in Vertrauen.

Erläuterung: Das Paliwort (saddha) bedeutet mehr als Vertrauen, es bedeutet vertraut zu sein, sich innerlich mit demjenigen verwandt fühlen, zu dem man sich hingezogen fühlt. Die Lehre des Erwachten erscheint dem Wahrheitssucher, der ihr begegnet, vertraut wie die schon immer gesuchte Wahrheit. Jeder von uns hat schon alle Leiden, alle Freuden der verschiedenen Daseinsformen unendliche Male erlebt. Da unterscheidet sich der geistige Mensch von dem sinnlichen nun dadurch, dass er von dieser Wanderung noch leise unterschwellige Erinnerungen mitbringt in dieses Leben und sich darum im vertrauten Klima fühlt, wenn er im jetzigen Leben von der Fortexistenz des Seelischen hört, während der nur von dem vordergründig Sinnlichen lebende Mensch diese feinen Erinnerungen bald mit neuen starken Sinneseindrücken überdeckt hat und darum nur das gegenwärtig Leben gelten lässt.

Nachdem er durch Verständnis der Lehre sein Vertrauen zu ihr noch vertieft hat, gewinnt er als Folge seines Vertrauens zu der Lehre nun auch Vertrauen zu dem Lehrer in dem Wissen, dass dieser Lehrer der Begründer dieser Lehre ist, und stellt ihn und das von ihm Gelehrte an die erste Stelle.

Was ist Bewährung in Tugend?

Da widerstrebt es dem Wesen eines Heilsgängers, Lebendiges umzubringen, Nichtgegebenes zu nehmen, falsche Geschlechtsbeziehungen zu pflegen, zu lügen, Alkohol oder andere die klare Vernunft und Selbstkontrolle beeinträchtigende Mittel zu nehmen. Das nennt man Bewährung in Tugend.

Erläuterung: Das Wesen der Tugend besteht in der Beschränkung der hemmungslosen und rücksichtslosen Verfolgung der "eigenen Interessen" bei der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Es ist das Auferlegen einer starken Selbstzucht zugunsten der Mitwesen und der eigenen moralischen Entwicklung. Gutes Verhalten ist nicht zu erreichen ohne ein verändertes Denken im Sinne der Ich-Du-Gleichheit, das im Laufe der Zeit zu einer entsprechenden veränderten Gemütsverfassung und endlich zu einer veränderten Herzensart führt.

Was ist Bewährung im Loslassen?

Da lebt ein Heilsgänger in der Häuslichkeit mit einem Gemüt frei vom Makel des Geizes und der Engherzigkeit, als einer, der das Befreiende am Loslassen spürt, mit offenen Händen, voll Freude am Zurücktreten, glücklich am Gabenausteilen. Das nennt man Bewährung im Loslassen, Hausvater.

Erläuterung: Der Heilsgänger muss sich vor Augen führen: Das Festhalten und Besitzen von Objekten ist zum wahren innerlichen und äußerlichen Wohlbefinden nicht erforderlich, ja, es verhindert wahres Wohl, das erst aus dem Freiwerden von der Abhängigkeit erwächst. Wie eng und klein werden zwischenmenschliche Beziehungen, zu denen Neid und Geiz führen. Sie zerstören jedes freundschaftliche Verhältnis, jedes zwischenmenschliche Vertrauen, jede Offenheit und Eintracht und schaffen ein kaltes, enges, verfinstertes, geradezu gespenstisches Gemüt. Man mag sich vor Augen führen, wie frei, wohl und hell einem selber zumute ist, wenn das Gemüt weit genug ist, dem anderen herzlich zu gönnen, was er besitzt, oder wenn man in einem Strom des Mitfühlens gibt von dem, was man selbst besitzt.

Was ist Bewährung im Klarwissen?

Wenn einer im Gemüt von Habsucht und übermäßiger Gier beherrscht ist, von Übelwollen, trägem Beharren in der Weltgewöhnung, Aufgeregtheit und Unruhe, von Daseinszweifeln und -sorgen, dann tut er, was er nicht tun sollte, und was zu tun ist, vernachlässigt er. Dadurch schwindet sein Ansehen und sein Wohlbefinden. Wer aber Heilsgänger ist, hat eingesehen: Habsucht und übermäßige Gier, Übelwollen, träges Beharren in der Weltgewöhnung, Aufgeregtheit und Geistesunruhe, Daseinszweifel und Sorgen sind Befleckungen des Herzens, und er tilgt diese Befleckungen des Herzens. Der wird ein Heilsgänger genannt mit großem ausgedehnten, weitreichendem Klarwissen, bewährt in Klarwissen. Das nennt man Bewährung in Klarwissen.

Erläuterung: Von den 5 Hemmungen, die hier genannt werden und die immer wieder in den Worten des Buddha erscheinen  (1. Begierde 2. Aversion 3. Träges Beharren im Gewohnten 4. Unruhe und Ungeduld 5. Zweifel), wird gesagt, dass ihre Wichtigkeit kaum hinreichend eingeschätzt werden kann.

Der Buddha erklärt hier, dass der Heilsgänger im Hause auch diese fünf Hemmungen zunächst bei sich als Hemmungen erkennen sollte und danach tilgen sollte. Dies erst führt zu Klarwissen. Informationsanhäufung bei "Befleckung des Herzens" durch die fünf Hemmungen kann nicht zu Klarwissen führen, sondern nur zu einer trüben Datenwolke, je mehr Daten, um so undurchdringlicher. Der Erwachte zeigt, dass nur die Auflösung der fünf Hemmungen zum Klarwissen, zur Weisheit führt.

Erläutert sind sie auf dieser Webseite in dem Kapitel: Die 5 Hemmungen.

Der Buddha sagt von denjenigen, die es so zu Klarwissen gebracht haben:

"Ein solcher Heilsgänger hat es an sich, dass er mit seinen durch Fleiß und Mühe, mit Anstrengung, im Schweiße des Angesichts auf anständige Weise erworbenen, rechtmäßigen Mitteln viererlei gute Werke tut. Welche vier?

Da macht ein solcher Heilsgänger mit seinen durch Fleiß und Mühe, mit Anstrengung, im Schweiße des Angesichts auf anständige Weise erworbenen rechtmäßigen Mitteln es sich selbst angenehm und befriedigend und sichert mit Sorgfalt sein Wohlergehen; Vater und Mutter, Freunden und Gefährten macht er es angenehm und befriedigend und sichert mit Sorgfalt ihr Wohlergehen. das ist für ihn der erste Zweck, den er erreicht hat: Er hat die Mittel auf ihrem Gebiet sinnvoll verwendet.

Ferner verschafft der Heilsgänger mit seinen auf anständige Weise erworbenen Mitteln Sicherheit gegen Schwierigkeiten, die ihm durch Feuer oder Wasser oder Könige oder Räuber oder unliebe Erben oder auf sonstige Weise entstehen können, soweit man mit Mitteln des Vermögens dagegen schützen kann. Das ist für ihn der zweite Zweck, den er erreicht hat.

Weiter bestreitet der Heilsgänger damit die fünferlei Abgaben: an die Familie, für Gäste, für die Dahingegangenen, für den König, für die Himmelswesen. Das ist der dritte Zweck, den er erreicht hat.

Endlich versorgt der Heilsgänger damit Asketen und brahmisch Lehrende, denen Rauschhaftigkeit und Leichtsinn widerstrebt, die, in Geduld und Milde gefestigt, einzig sich selber zur Ruhe, zum Erlöschen des Daseinsbrandes bringen, mit Spenden, die das brahmische Leben fördern, aufwärts führen, Wohl als Frucht bringen, zum Himmel aufsteigen lassen. Das ist für ihn der vierte Zweck, den er erreicht hat.

Wessen Mittel auf andere als diese vier sinnvolle Weisen abnehmen, davon sagt man, dass solche Mittel zwecklos, sinnlos, nicht bestimmungsgemäß verbraucht worden sind. Wessen Mittel auf diese zweckdienliche Weise abnehmen, davon sagt man, dass solche Mittel zweckdienlich, sinnvoll, bestimmungsgemäß verbraucht worden sind."

Schlusswort:

Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass der Buddha darauf aufmerksam macht, dass alle weltlichen Dinge, die gewöhnlich unternommen werden, um Geld zu verdienen oder um gesund zu bleiben, letztlich nicht den Ausschlag geben über Erfolg und Misserfolg beim Bemühen.

Sondern es kommt  darauf an, in sich selber die richtigen Eigenschaften zu entwickeln, die der Buddha ausführlich immer wieder ausspricht und erläutert.

 

(Quelle: Der Buddha sprach nicht nur für Mönche und Nonnen, von Fritz Schäfer)