Der Theravada-Buddhismus in Kambodscha.

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Der heutige Kleinstaat Kambodscha ist Nachfolger des einst mächtigen Khmer-Reiches, das vom 9. bis zum 13. Jahrhundert große Teile Südostasiens beherrschte. Auf der Höhe ihrer Macht beherrschten die Khmer ein Gebiet, das das heutige Kambodscha und große Teile Thailands umfasste. Aus Indien hatten die Könige dieses Reiches vor allem die Kulte der Götter Schiva und Vishnu übernommen, aber auch der Mahayana-Buddhismus war nicht unbekannt. Einige Könige folgten einer Linie des Mahayana-Buddhismus, der hinduistisch beeinflusst war (Tantrayana). Unter den großartigen Tempelbauten dieser Kultur, deren königliche Monumente und Kunstwerke zu den größten der buddhistischen Welt gehören, sind Phra Viharan, Angkor Wat und der Bayon die berühmtesten. Sanskrit war die Sprache der Religion und des Beamtentums.

Der Theravada-Buddhismus scheint bei den Khmer später als anderswo in Südostasien angekommen zu sein: Die früheste Theravada-Inschrift wird auf ca. 1230 datiert.

Im Verlauf des 13. Jahrhunderts begann der Niedergang des Khmer-Reiches, das vor allem an die aus dem Norden eindringenden Thai-Völker große Gebiete verlor. Der genau Zeitpunkt der Einführung des Theravada-Buddhismus ist nicht bekannt, auch über die Ausbreitung des Theravada wissen wir wenig, aber nachdem er einmal eingeführt war, scheint er im Volk viele Anhänger gefunden zu haben. Der erste Herrscher, der sich dem Theravada näherte, war Jayavarman Paramesvara. Er bestieg 1321 den Thron, nahm die neue Lehre an und seither wurde Sanskrit durch Pali als Sprache religiöser Rituale und heiliger Texte ersetzt. Man darf vermuten, dass thailändische Mönche die Wegbereiter des Theravada in Kambodscha waren. Auch später bestanden zwischen den Buddhisten beider Länder enge Beziehungen.

Nach einer Überlieferung sollen kambodschanische Mönche sich 1422 nach Ceylon begeben haben und 1425 neu ordiniert nach Kambodscha zurückgekehrt sein.

König Ponhéa Yat (reg. 1432-1467) gab Angkor endgültig auf und verlegte die Hauptstadt nach Phnom Penh. An die Stelle des Hinduismus und des Mahayana, die in Angkor einen so glanzvollen künstlerischen Ausdruck gefunden haben, ist also der Theravada getreten, der seinem Ritus und seiner Kunst nach nüchterner und schmuckloser und somit gleichsam dem einfacheren Lebenstil des heutigen Kambodscha angemessener ist.

Wie ein spanischer Dominikaner Ende des 16. Jahrhunderts berichtete, blühte der Theravada-Buddhismus im Lande; er schätzte, dass allein in Phnom Penh etwa 15000 Mönche lebten. Die Frömmigkeit des Hofes, so der Bericht, beziehe sich in der Regel allerdings auf den Wunsch nach guter Wiedergeburt.

In der Folgezeit ging es hin und her. Aufgrund der äußeren Bedrohung durch die Thai suchten einige Herrscher Beistand bei nichtbuddhistischen Mächten, etwa Ende des 16. Jahrhunderts den der Spanier auf den Philippinen, die sich Hoffnung auf eine Bekehrung der Khmer zum Katholizismus machten. Im 17. Jahrhundert konvertierte König Temaea Thippadey unter dem Namen Ibrahim zum Islam, um die Hilfe muslimischer Malaien zu erhalten, er wurde jedoch später von den Vietnamesen gestürzt.

Der Einfluss Thailands wirkte sich dann 1849 durch die Einführung neuer Reformen im Sangha aus.

Während der französischen Herrschaft (1863-1953) war die Gesellschaft Kambodschas nicht so stark wie die Nachbarländer von den Umwälzungen der Industrialisierung und des Kapitalismus betroffen und blieb auch vom Strudel der Weltpolitik bis zum Jahre 1970 weitgehend unberührt. In dieser Zeit galt Kambodscha als das buddhistische Land, in dem die Ordensregeln am strengsten befolgt wurden. Hier war es für einen Mönch immer noch ein Vergehen, privat Geld zu besitzen. Hatte ein Mönch geschlechtliche Beziehungen zu einer Frau, galt das ganze Kloster als entweiht und wurde verlassen, was dazu führte, dass auch die benachbarten Dörfer aufgegeben wurden.

Wie in Thailand wollte auch in Kambodscha der modernistische Buddhismus nach dem ersten Weltkrieg das religiöse Leben von nicht-kanonischen Elementen reinigen.

Mit der Regierung von Prinz Sihanuk (der zunächst von 1941-1955 herrschte), begann der Widerstand gegen das französische Kolonialregime, an dem sich Mönche in führender Position beteiligten. Von 1955-1960 übernahm sein Vater das Amt des Königs. Von 1960-1970 hatte wieder Prinz Sihanuk dieses Amt inne. An religiösen Angelegenheiten war er stark interessiert; so stiftete er den Löwenanteil für den Bau des nach ihm benannten und 1964 fertiggestellten Klosters Wat Preah Sihanuk. Die Oberhäupter der beiden buddhistischen Nikayas waren Mitglieder des Kronrats, doch durften sich die Mönche sonst nicht in politische Angelegenheiten einmischen und hatten auch kein Wahlrecht.

Nach der Unabhängigkeit verschlechterten sich Kambodschas Beziehungen zu Vietnam. Gleichzeitig hatten die Kommunisten, die sogenannten "Roten Khmer" ein radikales Konzept auf ihre Fahnen geschrieben, wurden aber in den Untergrund gedrängt. 1970 wurde die Regierung von Prinz Sihanuk durch rechte Politiker und Militärs gestürzt. Damit begann eines der schrecklichsten Kapitel in der Geschichte Kambodschas, das von einem beispiellosen Morden der rechten Militärs unter Lon Nol, der die Macht übernommen hatte, an der vietnamesischen Minderheit des Landes eröffnet und dann von dem Genozid der Roten Khmer auf grauenhafte Art noch überboten wurde. Das Regime der Roten Khmer wollte die gesamte Khmer - Gesellschaft verändern und verdächtigte schon jeden, der lesen und schreiben konnte, ein Klassenfeind zu sein. Die buddhistische Religion sollte ausgerottet werden: Klöster wurden zerstört, Mönche wie auch andere Gebildete wurden ermordet. Insgesamt sollen dem Terror der Roten Khmer nach vorsichtigen Schätzungen über eine Million Menschen zum Opfer gefallen sein.

Die Vietnamesen stürzten 1979 das Regime und setzten eine kommunistische Regierung ein. Diese begann mit dem allmählichen Wiederaufbau des Landes und tolerierte die buddhistische Religion. Durch die Wiedereinsetzung des Königs Sihanouk und vor allem nach der endgültigen Auflösung der Roten Khmer 1998 begann eine Erholung des Buddhismus.

Klöster wurden wieder aufgebaut und es gab wieder zehntausende buddhistische Mönche im Land sowie viele Tempel. Der Theravada-Buddhismus wurde praktisch wieder zur Staatsreligion und ist im Grundgesetz verankert.

Maha Ghosananda (1929 - 2007), ein Theravada-Mönch war es, der den Menschen im zerütteten Land Hoffnung brachte und die Lehre des Buddha wieder vorlebte. 1988 wurde Maha Ghosananda zum höchsten Patriarchen des kambodschanischen Buddhismus gewählt, also zu dessen Oberhaupt. 1992 führte er den ersten Dhammayietra an, einen Friedensmarsch durch Kambodscha. Zwischen 1994 und 1997 wurde er viermal in Folge für den Friedensnobelpreis nominiert, insgesamt sogar sechs Mal. Obwohl er diesen Preis nicht erhalten hat, wurde er mit zahlreichen renommierten Friedenspreisen ausgezeichnet. Er wurde auch der Ghandi Kambodschas genannt. Zusammen mit dem Dalai Lama, Thich Nhat Hanh und Sulak Sivaraksa gründete er 1989 das "Internationale Netzwerk Engagierter Buddhisten".

Zum gesamten Thema ist das Buch "Maha Ghosananda - Wenn der Buddha lächelt" mit einem Vorwort von Jack Kornfield, empfehlenswert.

Nachfolgend ein Zitat aus dem Buch von Maha Ghosananda:

"Der Gedanke manifestiert sich im Wort. Das Wort manifestiert sich in der Tat. Die Tat entwickelt sich zur Gewohnheit. Die Gewohnheit verhärtet sich zum Charakter. Der Charakter gebiert das Schicksal. Darum achte sorgfältig auf deine Gedanken und lass sie aus Liebe entstehen, aus der Achtung für alle Lebewesen.

 

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