Der Theravada-Buddhismus in Myanmar (Burma).

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Gemäß den antiken singhalesischen Chroniken hat bereits Kaiser Asoka eine buddhistischen Mission im 3. Jh. v. Chr. in das "Goldland" entsandt. Das war vermutlich das Mon-Königreich mit seiner Hauptstadt Thaton im Süden Burmas. Es handelte sich um die beiden Mönche Sonas und Uttaras.

Der Buddhismus in Formen des Theravada, des Hinayana, des Mahayana und des Tantrayana etablierten sich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten im Süden Burmas. Früheste Belege des Theravada-Buddhismus sind Pali-Inschriften aus dem Mon-Königreich aus dieser Zeit. Leider wissen wir sehr wenig über Geschichte und Kultur der Mon, obwohl sie als eines der großen Kulturvölker Südostasiens bedeutende Leistungen auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Architektur und der Literatur erbracht haben. Während die Mon Südburma dominierten, gründeten tibeto-burmesische Völker aus dem Himalaya Staaten im Nord-, Mitte- und Südwestteil des heutigen Myanmar. Eines dieser Bergvölker - die Bamar oder Myanma - gaben dem Land ihre Namen. Nach der Überlieferung gründeten die Myanma ihre Hauptstadt Bagan im Jahr 849 am großen Fluss Irrawaddy.

Den bedeutendsten Wendepunkt in der religiösen Geschichte Burmas stellt die Einführung des Theravada im ersten burmesischen Reich (eben dem damaligen Königreich Pagan) dar. Dies geschah vor allem durch den außergewöhnlichen König Anawrahta (Anuruddha), der von 1044-1077 regierte. Die Chroniken berichten, dass er von einem Mon-Mönch namens Shin Arahan bekehrt wurde, dass es aber keine Kopien der heiligen Schriften und keine Reliquien in Pagan gab. Der Mon-König lehnte die Bitte des burmesischen Königs ab, ihm eine Kopie der heiligen Schriften und einige Reliquien zu überlassen. Dass dies nun wirklich, wie die Texte behaupten, der Kriegsgrund gewesen ist, ist nicht sehr wahrscheinlich. Jedenfalls eroberte Anawrahta im Jahre 1057 Thaton, nahm den Mon-König gefangen und brachte ihn zusammen mit seiner Familie, aber auch mit zahlreichen Mönchen und Handwerkern sowie mit den heiligen Schriften des Theravada in seine Hauptstadt Bagan. Mit ihnen gelangten Mon-Kultur und Theravada-Buddhismus zu den Burmesen. Die Zahl der bis dahin vorherrschenden Tantra- und Mahayana- Anhänger reduzierte sich von da an beträchtlich.

Dies bedeutete die Hochblüte der buddhistischen Kultur in Myanmar. Wie in Sri Lanka wurde das staatliche Mäzenatentum zu einem Schlüsselaspekt des burmesischen Buddhismus, was sich in der erstaunlichen Ansammlung von Monumenten in Pagan, die auf königliche Veranlassung gebaut wurden, widerspiegelt.

Deshalb hat Burma mehr Tempel und Pagoden als jedes andere Land der buddhistischen Welt, die heute Anziehungspunkte des Tourismus sind. Dies wird besonders deutlich in der alten Hauptstadt Bagan. Lange nachdem seine königlichen Paläste und andere Holzbauten verschwunden waren, ist die bloße Zahl der erhaltenen Gebäude aus haltbarerem Material erstaunlich. Auf einem Gebiet von etwa 65 qkm gibt es über 900 Tempel, 500 Pagoden und 400 Klöster sowie Überreste von weiteren etwa 100 heiligen Stätten.

Anawrahta verstärkte die Beziehungen zum srilankischen Herrscher Vijayabahu I., und die beiden Monarchen sandten einander Reliquien und Schriften und sogar Klosterpersonal. Die srilankische Mahavihara-Linie kam in Burma durch den Einfluss von Mönchen aus Sri Lanka zu großem Gewicht. Im Gegenzug half der burmesische Sangha dem singhalesischen König, die Ordinationslinie in Sri Lanka nach den zerstörerischen Überfällen aus Südindien wieder aufzubauen. Vijayabahu drückte seine Dankbarkeit durch das Geschenk einer Kopie der berühmten Zahnreliquie des Buddha aus, die dann in einem Schrein in der prächtigen Shwezigon-Pagode untergebracht wurde. In dieser Periode entstand die ausgeprägte Form der burmesischen Kunst. Wie auch in anderen Theravada-Kulturen dominierte die Figur des Buddha. Burmesische Künstler erreichten eine äußerst ausdrucksstarke Schönheit in einem viel schmaleren Bereich der Sujets als in der Mahayana-Tradition. Der Mönchsgelehrte Aggavamsa verfasste die Saddaniti, das bedeutendste Werk der traditionellen Pali-Grammatik und Philologie.

1287 eroberten die Mongolen unter Kublai Khan die Stadt Pagan und plünderten sie. Übrig blieben nur Trümmer und Ruinen, die aber noch heute einen Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen Pagans vermitteln. 

Die wichtigste spätere Reform verdankt der Buddhismus Myanmars dem König Dhammaceti von Pegu (1472-1492). Diese Reform war dringend nötig, als viele Mönche Reichtümer aller Art besaßen, sich entgegen den Regeln mit Astrologie und anderen weltlichen Künsten beschäftigten und auch sonst gegen die Regeln verstießen. Diese Ereignisse zeigen erneut, in welchem Maße die Könige in Burma den Sangha beeinflussten und sogar unter ihre Kontrolle brachten.

Der aus dem Lande der Mon stammende spätere König Dhammaceti war zunächst Mönch und half der Königin Shin Sawbu, aus burmesischer Gefangenschaft in Ava zu entfliehen. Sie wurde 1453 Herrscherin von Pegu. Als sie sich zu einem geistlichen Leben im Bereich der Shwedagon-Pagode zurückziehen wollte, bot sie Dhammaceti an, ihr Nachfolger zu werden. Dieser verließ den Orden, bemühte sich aber als König um eine gründliche Ordensreform. Er hatte dem "Singhalesischen Sangha" angehört, und so lag es für ihn nahe, die Erneuerung der Klosterzucht mit der Einführung einer Ordinationstradition aus Ceylon zu verbinden. Anfang 1476 sandte er dorthin eine Abordnung von 22 Mönchen auf zwei Schiffen, die im Juli 1476 im Fluss Kalyaniganga an Ceylons Westküste eine neue Mönchsweihe singhalesischer Tradition erhielten. Nach ihrer Rückkehr wurde in Pegu die nach dem erwähnten Fluss in Ceylon benannte Kalyani-Sima festgelegt und alle Mönche des Landes wurden eingeladen, sich dort der neuen Mönchsweihe zu unterziehen. Die dort aufgestellten Kalyani-Inschriften legen noch heute Zeugnis von diesen Ereignisssen ab.

Die Könige übten auch in den nächsten Jahrhunderten die Kontrolle durch eine zentralistische geistliche Verwaltung aus, an deren Spitze ein Sangharaja stand. Der Sangharaja wurde vom König bestellt und die Gültigkeit der Ernennung endete mit dem Tod oder dem Sturz des Herrschers.

Diverse politische und kriegerische Konflikte folgten, bis der friedfertige König Mindon von 1853 - 1878 auf den Plan trat. Er leitete das 5. Konzil des Theravada im Jahre 1871 in Mandalay in Oberburma, der Hauptstadt des letzten burmesischen Königreiches. Das Konzil legte den definitiven Text des Theravada-Kanons fest, den Pali-Tipitaka. Diese Texte wurden dann auf 729 Mamortafeln verewigt und in vielen kleinen Schreinen untergebracht. Diese umringen die vergoldete Kuthodaw-Pagode von Mandalay, die Mindon 1857 bauen ließ.

In drei anglo-burmesischen Kriegen (1824-26, 1852-54 und 1885) wurde Burma schließlich Teil des britischen Kolonialreiches.

Das Amt des Sangharaja verfiel dann unter britischer Herrschaft, der Buddhismus stand aber weiterhin in Blüte. Es gibt heute Stimmen, die sagen, dass "bevor die Engländer kamen...und vor dem Inkrafttreten der englischen Gesetzgebung Burma vielleicht das glücklichste Land der Welt" war. Der Buddhismus war der Faktor, der die Gesellschaft zusammen hielt. In der Kolonisationszeit änderten sich dann die Verhältnisse. Die Engländer stellten bald klar, dass sie die traditionelle Rolle der burmesischen Könige, die Lehre des Buddha zu schützen, nicht übernehmen würden. Die Religion der neuen Herren - das Christentum - erlange schnell Einfluss durch die Missionsschulen. Die Folge war ein "Verfall der klösterlichen moralischen Standarts" in buddhistischen Klöstern.

Im zweiten Weltkrieg wurde Burma von Japan besetzt.

Nach der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahre 1948 beschlossen die Theravada-Schulen weltweit, von 1954 bis 1956 das "sechste große buddhistische Konzil" in Burma abzuhalten, und zwar zum 2500jährigen Jubiläum der Erwachung des Buddha. Die für das Konzil auserwählte Stadt war Rangoon, wo nahe der Stadt ein steinerner Berg errichtet wurde, in dessem Innerem sich ein riesiger Saal ausdehnt. Dieses Konzil knüpfte bewusst an die buddhistische Tradition an und wollte vor allem der Reinigung und Prüfung der Lehrtexte sowie der Begründung einer buddhistischen Weltmission dienen.

Das Konzil begann am 17. Mai 1954. Aus den Akten wird deutlich, dass der wesentliche Zweck des sechsten Konzils derselbe wie der vorhergehenden war: Eine neue Zusammenfassung der Lehre des Buddha, um sie in der ursprünglichen Reinheit zu erhalten und sie durch Kommentare und Übersetzungen für alle leichter zugänglich zu machen. Das Vorgehen dieser Versammlung hielt sich genau an das Vorbild des ersten Konzils von 483 v. Chr., welches unter dem Vorsitz Mahakassapas in Rajagaha nach dem parinibbana des Buddha abgehalten worden war (siehe dort).

Der Fragesteller war der ehrw. Aggamahapandita Bhadanta Sughana (Mahasi Sayadaw) und die Antworten wurden vom ehrw. Tipttakadhara Dhammabhandagarika Badhanta Vicitta Saradhivamasa gegeben.

Die Eröffnungszeremonie des Konzils dauerte drei Tage und fand mit großem Prunk und Glanz vor vielen Tausenden von Buddhisten aus allen Ländern statt. Auch ausländische Besucher und das diplomatische Korps waren zugelassen, um Gelegenheit zu haben, an der größten buddhistischen Zeremonie unserer Zeit teilzunehmen.

Die heilige Höhle umfasste ungefähr 10000 Sitzplätze. Außer der Höhle wurden am Platze 4 Hotels für die Unterkunft von 1000 Bhikkhus, ein Speisesall, eine internationale buddhistische Bibliothek, ein Spital und eine Ambulanz für die Teilnehmer und eine Druckerei kanonischer buddhistischer Texte erbaut.

Nach den Akten des Konzils war die Zeit nach der Eröffnung in mehrere Sessions eingeteilt. Zunächst wurden die 5 Vinaya-Pitakas in 169 Sitzungen rezitiert. Die zweite Session umfasste die Rezitation des Dighanikaya, des Majjhimanikaya und des Samyuttanikaya. Die dritte Session umfasste die Rezitation des Anguttaranikaya, die vierte Session die 15 Bände des Khuddhakanikaya sowie die ersten Teile des Abhidhammapitaka. Die fünfte Session, die bis zum 24. Mai 1956 ging, umfasste dei restlichen sechs Teile des Abhidhammapitaka.

Im Laufe der Feierlichkeite wurd ein Zentralkomitee für das Chattha Sangayana und den 2500. Jahrestag der Erleuchtung des Buddha mit mehreren Unterkomitees und einer Frauenvereinigung gegründet. Die burmesische Regierung hat eine Werbefeldzug für den Druck der Palitexte geführt, um die buddhistische Lehre in allen Ländern zu verkünden; zu diesem Zwecke unterstützte sie ein Komitee von Gelehrten, das die Texte prüfen, sie von späteren Zusätzen reinigen, in moderne Sprachen übersetzen und in Bänden drucken sollten, welche unter dem Schutz aller buddhistischen Länder der ganzen Welt verbreitet werden sollten, damit die Theravada-Lehre in den fremden Ländern bekannt werden.

Das demokratische Burma dieser Zeit wurde unter Premierminister U Nu geprägt. In diesen Jahren entwarf er Pläne für einen Wohlfahrtsstaat nach buddhistischem und sozialistischem Vorbild. 1958 wurde er schließlich von General Ne Win dazu gedrängt, die Macht an das Militär zu übergeben.

Heute befindet sich das Land wieder im Übergang. Nach alter Tradition ist der Buddhismus fest im Volk verankert und die Mönche werden versorgt und die Klöster erhalten. Die Liste berühmter Tempel, Klöster und Pagoden in Myanmar ist schier endlos und sie werden vorbildlich erhalten. 

Das Studium und der Erhalt der heiligen Texte wird vom Sangha besonders gepflegt.

Im benachbarften Bangladesh (1971 als eigenständiger Staat gegründet) gibt es im Chittagong Hill Track  immer noch eine starke alttraditionelle buddhistische Bevökerung mit Viharas und Theravada-Mönchen, die als Minderheit gegenüber dem allgegenwärtigen Islam vielen Repressionen ausgesetzt ist.

 

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