Es gibt vier Arten der Meditation, die man zu eigenem Schutz, fremdem Schutz und beiderseitigem Schutz üben sollte.  

Jinam vandatha Gotamam,

Jinam vandama Gotamam,

Vajjacaranasapannam,

Buddham vandama Gotamam´ ti.

Die vier Schutzmeditationen sind:

  1. Die Entfaltung der Liebe-Strahlung (mettabhavana)
  2. Die Betrachtung des Buddha (buddhanussati)
  3. Die Betrachtung über die Unreinheit des Körpers (asubhanupassana)
  4. Die Betrachtung des Todes (marananussati)

 

1. Die Übung unbegrenzter Liebe (metta) erfreut sich in buddhistischen Kreisen mit Recht großer Beliebtheit, denn sie wird nicht umsonst die "gemütbefreiende Übung" genannt. Sie ist eine Meditation, die unmittelbar wohltut; und bei regelmäßiger Pflege bewirkt sie große innere Wandlungen, die sich bei dem Übenden segensreich auswirken.

Die Übung heißt im Wortlaut des Erwachten:

Liebevollen Gemütes weilend, durchstrahlt er eine Richtung, dann eine zweite, dann die dritte, dann die vierte, ebenso die oberen und die unteren Bereiche: überall in allem sich wiedererkennend, durchstahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte, mit weitem, tiefem, nicht urteilendem, von Feindschaft und Hass befreitem.

"Überall in allem sich wiedererkennen" - das ist das Hauptkennzeichen der Metta-Haltung.

Zuerst sollten wir Metta auf uns selbst ausstrahlen, das wird leicht vergessen. Wir Menschen im Westen gehen mitunter nicht so freundlich mit uns selbst um, sondern wir meinen, uns keine Fehler und Schwächen vergeben zu können. Gedanken, auf denen man die Metta-Übung aufbaut, sind: Möge ich frei sein von Gefahr, frei von geistigem Schmerz, frei von körperlichem Schmerz, möge ich mein Leben glücklich führen!

Aber der normale Mensch erkennt nicht sich selbst in allen anderen Lebewesen wieder, wie in der Übung beschrieben, sondern unterscheidet sich bewusst und mit Absicht von ihnen. Er setzt sich von jedem anderen Lebewesen ab und stellt sich ihm gegenüber. Und solange er dies tut, hat er nicht die Metta-Haltung.

Es gibt die drei trennenden, leidbringenden Unterscheidungen:

  • Aus Eigensucht ("Dieser ist mir angenehm, jener unangenehm. Dieser ist mir nützlich, jeder hinderlich" usw.)
  • Die moralische Unterscheidung ("Dieser ist ehrlich, jener unehrlich, dieser ist gut, jeder schlecht" usw.)
  • Die weltübliche Unterscheidung ("Dieser ist klug, jeder dumm. Dieser ist gebildet, jener ungebildet. Dieser ist wohlhabend, jener arm. Dieser ist tüchtig, jener ungeschickt" usw.)

Das bedeutet nicht, dass der Mensch sich blind machen soll für die Eigenschaften des Nächsten, sondern dass er den Nächsten nicht nach diesen unterscheidenden Gesichtspunkten bewerten soll. Der Anblick der Gleichheit und Einheit sollte entfaltet werden:

"Da ist auch einer, der Wohl und Glück sucht, Geborgenheit und Frieden sucht, ganz ebenso wie auch ich Wohl und Glück suche, Geborgenheit und Frieden suche" -

"Da ist auch einer, der aus seinen inneren und äußeren Gegebenheiten so und nicht anders fühlen und wollen und denken und handeln muss, ganz ebenso wie ich auch" -

"Da ist auch einer, der schon seit undenklichen Zeiten im Samsara durch alle Daseinsformen und Daseinsbereiche hindurchwandert und hindurchirrt, wie auch ich".

Den elffachen Segen der Liebe - Strahlung beschreibt der Erwachte so:

Wer liebreiche Gemüterlösung, ihr Mönche, häufig übt und pflegt, bei wem sie allmählich zur Grundlage des Wesens und zur Triebfeder aller Handlungen wird, großgezogen, fest verwurzelt und zur Vollendung gebracht wird, hat vielfachen Lohn zu erwarten: friedvoll schläft er ein, friedvoll wacht er auf, üble Träume belästigen ihn nicht; er ist den Menschen lieb, ist den Geistern lieb, Geistwesen beschützen ihn, und Feuer, Gift und Waffen haben ihm nichts an; schnell einigt sich sein Herz, das Antlitz wird heiter, unverstört beendet er sein Erdenleben. Und wenn er nicht zu Höhrerm gelangt, erscheint er in brahmischer Welt wieder.

2. Die Betrachtung des Buddha und der Schutz, der davon ausgeht, ist gewaltig. Meistens spricht man vom Buddha mit mehr oder weniger distanziertem Respekt. Hochachtung und Ehrfurcht ist zu beobachten, mehr als eine aktive hoffnungsstarke Freude zum tatkräftigen Vorgehen mit Hilfe seiner Anleitungen. Der Hauptgrund für diese distanzierte Haltung liegt natürlich in einer wirklichen Distanz, liegt in dem großen Abstand, ja, in einer Kluft zwischen der gesamten Verfassung des modernen westlichen Menschen nach Herzensart und Weltanschauung gegenüber der inneren Verfassung und Weltanschauung der vor 2500 Jahren von dem Erwachten angesprochenen Inder.

Die praktische Durchführung der Kontemplation kann mit dem inneren Rezitieren eines Verses beginnen.

Die meisten Buddhisten im Westen kennen den Standartvers, der uns die Größe des Buddha vor Augen führt:

Wirklich, er ist der Erhabene,

Heilige, vollkommen Erwachte,

der in Wissen und Wandel Bewährte,

der Wohlgegangene, der Weltenkenner,

der Bezähmungswilligen unvergleichlicher Lenker,

der Meister der Götter und Menschen,

der Erwachte, der Erhabene.

Vertrauen steigt in denjenigen auf, die sich kontemplativ in diesen Vers vertiefen. Obwohl der Buddha längst den letzten Tod gestorben ist und ins Parinibbana eingegangen ist, sind seine Kräfte noch immer wirksam in der Dreiheit Buddha, Dhamma und Sangha.

Der Erwachte, die Lehre und die Gemeinde der Heilsgänger - letztere sind die Mönche, Nonnen und Laien, soweit sie wenigstens den Heilspfad betreten, den Stromeintritt erworben haben - gelten als die drei Juwelen, die drei Schätze, als das Kostbarste, was man in der Welt antreffen kann, da man durch diese drei Kleinodien diejenigen Einsichten und Vorbilder gewinnen kann, die den Menschen in seiner gesamten Gesinnung, in seinem Tun und Lassen und Anstreben völlig umwandeln und ihn eindeutig und endgültig ausrichten auf die Gewinnung der heilen Situation im Nirvana. Von diesen drei Kleinodien sind die beiden letzteren - Lehre und Gemeinde - von dem ersten, den Erhabenen, ausgegangen und sind auf sein Erwachen aus dem Existenztraum zurückzuführen. Da mag man bedenken: Ohne das Hereintragen und Hereinleuchten des unermesslichen, wachen Buddha-Geistes in unsere begrenzte und beschränkte menschliche Wahnexistenz wäre sein Erlösungsgang für uns unerkannt, unbewusst und unerfahren geblieben und damit wäre kein Ausweg aus dem Leidenslabyrinth des unendlichen Samsara offenbar geworden, keine Möglichkeit zur Löschung des Lebensbrandes gegeben.

Als der Erhabene einmal in Savatthi, im Jetahaine, im Parke des Anathapindika weilte, redete er die Bhikkhus an und sprach (Samyutta-Nikaya Buch I, 11, von Sakka, dem Götterkönig):

"...Ich aber, ihr Bhikkhus sage euch also: So euch, wenn ihr in der Wildnis weilt, am Fuße eines Baumes weilt, oder in einem verlassenen Haus weilt, Angst oder Zittern oder Hautschaudern entsteht, dann sollt ihr zu dieser Zeit an mich denken: "So ist der Erhabene, der Vollendete, Vollkommen Erwachte, ist mit Tugend und Weisheit begabt, der Führer auf dem Heilspfade, der Weltenkenner, der unübertreffliche Leiter der Menschen, die noch der Erziehung bedürfen, der Meister der Götter und Menschen, der Buddha, der Erhabene.

Denn wenn ihr an mich denkt, ihr Bhikkhus, wird Angst oder Zittern oder Hautschaudern, das euch befällt, schwinden....

Was davon ist die Ursache? Der Tathagata, ihr Bhikkhus, ist ein Vollendeter, frei von Begierde, frei von Hass, frei von Verblendung und daher nicht furchtsam, nicht zitterig, nicht ängstlich und nicht feige..."

3. Die Betrachtung über den Körper beginnt mit der Betrachtung der 32 Körperteile. Diese Übung sollte man nur aufgreifen, wenn man sich zu ihr hingezogen fühlt, um intuitive Einblickserkenntnisse aufsteigen zu lassen. Zum Beispiel über das Wesen der Vergänglichkeit, der Unzulänglichkeit und des Nichtselbst aller Dinge.

Die Meditation über die 32 Körperteile und die Leichenfeldbetrachtung gehören zur Schutzmeditationen besonderer Art. Im Text des Satipatthana-Sutta, der Lehrrede von der Achtsamkeit, heißt es zur Betrachtung der Unreinheit des Körpers:

Da betrachtet der Mönch eben diesen Körper, von den Fußsohlen aufwärts und von den Haarspitzen abwärts, den von Haut umschlossenen, mit vielerlei Unrat gefüllten: In diesem Körper gibt es...

Es folgt die Aufzählung der 32 Körperteile. Wer diese Meditation üben will, muss sie kennen. Sie sind:

  • Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut
  • Fleisch, Sehnen, Knochen, Knochenmark, Niere,
  • Herz, Leber, Zwerchfell, Milz, Lunge
  • Gedärme, Darmnetz, Mageninhalt, Kot, Gehirn,
  • Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Fett,
  • Tränen, Gewebewasser, Speichel, Nasenschleim, Gelenköl, Urin.

So mancher könnte denken, man müsse sich vor sich selber ekeln, wenn man die Aspekte der Unreinheit des Körpers kontempliert. Aber der Segen liegt eben in der Distanzierung und der Erkenntnis, dass "Ich" nicht mein Körper bin. Und weil man diesen Segen erkennt: "Auf diesem Wege werde ich Befreiung finden von Geburt, Alter und Tod, und ebenso weil man quälende Hemmnisse (Sinnesverlangen, Übelwollen, Trägheit und Schlaffheit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe sowie Zweifel) überwindet, steigen selbst bei dieser widerlichen Vorstellung Verzückung und Glücksgefühl auf. "

Erstens fasst man diesen hinfälligen Körper also nicht mehr als Ich oder Mein auf, und zweitens akzeptiert man ihn als etwas Gegebenes, zu dessen Aufnahme man sich ja vor Eintritt in dieses Leben selbst entschieden hat. Ihn zu misshandeln und über Gebühr zu strapazieren ist ebenso sinnlos wie ihn zum Götzen zu machen, indem man Schönheitspflege und Fitnesstraining übertreibt. Man hält ihn nur gesund und leistungsfähig.

4. Die Betrachtung über den Tod, entfaltet und häufig geübt, bringt hohen Lohn und Segen, hat die Todlosigkeit zum Ziele und Ausgange. Wie wird eine solche Betrachtung entfaltet?

Der Buddha gab den Mönchen folgende Anleitung:

Sobald der Tag zur Neige geht, oder die Nacht entweicht und der Tag anbricht, da denkt der Mönch bei sich: "Wahrlich, viele Möglichkeiten zum Sterben bestehen für mich: es möchte mich eine Schlange beißen oder ein Skorpion oder Hundertfuß stechen, und dabei möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. Oder ich möchte straucheln und hinfallen, oder die genossene Speise möchte mir schlecht bekommen, oder Galle, Schleim und stechende Gase möchten erregt werden, oder Menschen oder Unholde möchten mich anfallen. Und dabei möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis." Da hat der Mönch also bei sich zu erwägen: "Finden sich in mir wohl noch unüberwundene, üble, unheilsame Dinge, die mir, wenn ich heute bei Tag oder Nacht sterben sollte, zum Schaden gereichen könnten?" Wenn er nun erkennt, dass dies der Fall ist, so hat er eben äußersten Willensentschluss, Tatkraft, Streben, Ausdauer, Standhaftigkeit, Achtsamkeit und Geistesklarheit an den Tag zu legen, um diese üblen, unheilsamen Dinge zu überwinden.

Wir sehen also hier den Ansporn zur Überwindung unheilsamer Eigenschaften.

Im Visuddhi-Magga (Deutsch: Der Weg zur Reinheit) heißt es:

Wer diese Übung zu entfalten wünscht, begebe sich in die Einsamkeit, und abgeschieden stelle er in gründlicher Weise die Erwägung an: "Einst wird kommen der Tod, die Lebenskraft wird versiegen!" Oder: "Sterben muss ist! Sterben muss ich!" Wer nämlich die Erwägung nicht gründlich anstellt, dem steigt Kummer auf, sobald er über den Tod geliebter Menschen nachsinnt... oder ihm steigt Freude auf beim Gedanken an den Tod unliebsamer Menschen.

Auch in folgender Weise mag man über den Tod nachdenken: Man betrachte ihn wie einen vor einem stehenden Mörder mit gezücktem Schwert, sage sich, dass alles Glück mit dem Tode endet, dass selbst die mächtigsten Wesen des Himmels und der Erde dem Tode unterworfen sind, dass wir diesen Körper mit den darin hausenden unzähligen Würmern und anderen Lebewesen teilen müssen, dass dieses Leben etwas von Ein- und Ausatmung Abhängiges und daran Gebundenes ist, dass das Leben nur solange funktioniert als die Elemente, Nahrung und Atmung usw. richtig funktionieren; dass man nicht weiß, wann, wo und woran man sterben wird und was für ein Schicksal einen nach dem Tode erwartet; dass das Leben gar kurz und begrenzt ist.

Die Betrachtung des Todes ermahnt einen zur Dringlichkeit: "Der Tod kommt gewiss, verliere keine Zeit im Streben nach der Befreiung!"