Der Buddhismus in Nepal.

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Der Buddha wurde auf dem Gebiet des heutigen Nepal im Vorhimalaya geboren.

Wie auch anderswo soll der Dhamma nach der nepalesischen Überlieferung im Zuge der missionarischen Tatigkeit des Kaisers Asoka im 3. Jahrhundert v. Chr. aus dem indischen Nachbarland in das Geburtsland des Begründers gekommen sein. Der Geburtsort des Buddha hatte aber wahrscheinlich schon Pilger angezogen, bevor Kaiser Asoka zur Erinnerung an seine eigene Pilgerreise um 254 v. Chr. eine Säule errichtete.

Das heutige Nepal erstreckt sich über einen 800 km langen Streifen des Himalaja im Ganges-Becken. Sein kulturelles Herzland jedoch und die bevölkerungsreichste Region war immer das zentrale Kathmandutal. Der chinesische Gelehrte Xuanzang berichtete im 7. Jahrhundert, dass Tausende Mönche verschiedener indischer buddhistischer Schulen im Kathmandutal lebten.

Der Buddhismus hat fortan eine ununterbrochene Entfaltung neben dem hinduistischen Herrscherhaus Nepals und den Hinduismus indisch orientierter Bevölkerungsschichten erlebt, ja er blüht im Nepal-Tal, obgleich vielfach verändert, sogar bis zur Gegenwart weiter. Die religiösen Verhältnisse im Tal von Kathmandu waren in langen Zeiten der Situation im vorislamischen Indien gleich. Nepal sah das Wirken vieler Schulen und Sekten des späten Buddhismus und erfuhr einen gewaltigen Zustrom buddhistischer Kräfte im 12. und 13. Jahrhundert, als der Islam in Nordindien einfiel und die buddhistische Lehre auf indischem Boden allmählich erlosch. Das Mittelland Nepals wurde nun der Zufluchtsort vieler Mönche, Gelehrter und Künstler aus Indien, die eine entscheidende Wirkung sowohl auf die Religiösität als auch auf das eifrige Kunstschaffen der buddhistischen Nevar ausübten.

Nach dem Niedergang des Buddhismus in Indien wurde die Lehre und Praxis des Buddhismus der Nevar weiter vom Hinduismus der Mehrheit der Bevölkerung beeinflusst. Die Nevar - Einwanderer aus Gebieten außerhalb Nepals - waren in nicht genau bestimmbarer Frühzeit nach Nepal gekommen. Sie hatten eine tibeto-birmanische Sprache. Daraus resultierte über die Jahrhunderte eine Form des Mahayana-Buddhismus, der dem tibetischen Buddhismus ähnelte und durch die Betonung des Rituals, des Kultus des himmlischen Bodhisattva Avalokiteshvara und des umfassenden Pantheons buddhistischer Erlöser und göttlicher Beschützer charakterisiert war. Andererseits hielten sich die Nevar-Buddhisten anders als die tibetischen an ihre hinduistischen Herrscher und akzeptierten eine auf Kasten basierte gesellschaftliche Schichtung, die von zwei Stufen von Priestern (Vajracaryas, tantrische "Diamant-Meister" und "Shakya-Mönche" - ein Verweis auf den Klan des Buddha, die Shakya) angeführt werden. Buddhistische Priester der Nevardurften heiraten und mit ihren Familien in den Klöstern leben, die infolgedessen über die Jahrhunderte weiter wuchsen, um die Priesterhaushalte aufnehmen zu können. Diese Veränderung ergab sich freilich nicht plötzlich, sondern bildete sich erst allmählich und in markanter Form erst seit der Isolierung Nepals von Indien aus. Bereits lange vor dem 13. Jahrhundert war Patan, die vermutlich älteste buddhistische Stadt des Mittellands, ein weithin berühmtes Zentrum klösterlicher und gelehrter Aktivitäten, und noch im 17. Jahrhundert bestanden im selben Raum, dem damaligen Königreich Patan, etwa fünfundzwanzig Klosteranlagen, deren Mönche, älterer Vorschrift verpflichtet, streng den Zölibat aufrechterhielten.

Eine wichtige Rolle in der religiösen Entwicklung spielte die ständige Hinduisierung, die einen nachhaltigen Einfluss sowohl auf das buddhistische Pantheon und die an Stelle der Lehre immer wichtiger werdenden Riten als auch auf die Gesellschaftsstruktur der Talbewohner ausübte.

Einige der eindrucksvollsten buddhistischen Kunstwerke aus Nepal findet man als Buchillustrationen, denn die Gelehrten und Handwerker aus Nevar kopierten viele der buddhistischen Sanskrittexte, die heute erhalten sind. Deren Illustrationen besitzen oft eine Flüssigkeit und Dynamik, die äußerlich wie qualitativ die Skulpturen in Sanchi und die hervorragenden Wandgemälde in Ajanta in Erinnerung ruft. Die Bilder in nepalesischen Manuskripten lassen einen Blick auf die reiche Tradition der indischen buddhistischen Malerei erhaschen. Der Laisierung zum Trotz sind zahlreiche Klöster auch noch heute lebendige Stätten des religiösen Lebens der Nevar. Viele Gläubige besuchen oft täglich einen von ihnen besonders verehrten Vihara und dessen Schreine, und Vjracaryas (die ihren Lebensunterhat sonst als Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes verdienen) lesen in gewissen Gelübdeperioden laut aus verschiedenen erbaulichen Schriften, besonders den Wiedergeburtsgeschichten des Buddha. Rezitationen stellen einen Frommheitsakt dar und werden auch dann vorgenommen, wenn eine Familie oder eine Einzelperson einen in den buddhistischen Schriften bewanderten Priester um Textlesung bittet.

Neben dem Mahayana- und Vajrayana-Buddhismus der Nevar werden Formen des tibetischen Buddhismus in der indigenen ethnisch tibetischen Bevölkerung in den nördlichen Grenzgebieten Nepals wie Mustang und Dolpo praktiziert. Der Buddhismus in Nepal ist heutzutage sehr kräftig und aktiv in der beträchtlichen tibetischen Minderheit, die sich seit der Okkupation Tibets in den 1950er-Jahren im Kathmandutal niedergelassen hat. Die Gemeinschaft hat etwa 1200 Klöster im tibetischen Stil, in denen alle großen tibetischen Schulen vertreten sind. Es gibt auch eine wachsende reformistische Theravada-Bewegung.

 

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